Das gesamte Werk von Heinz Musculus ist ein einziges Plädoyer für Menschlichkeit im besten Sinne.
In seiner Jugend ist es das Bild des Menschen, dass sich in feinen Bleistiftzeichnungen seiner beiden Großmütter und auch in ersten Aktstudien äußert. Menschlicher Charakter und menschliche Schönheit fanden in dieser Zeit in den Bildern von Heinz Musculus ihren Platz.
Heinz Musculus (Aufnahme von ca. 1935) |
Der Krieg prägt sich als jähe Zäsur in sein Leben und Schaffen. Übersteht er ihn auch relativ glimpflich, sind seine Sinne nun aber für all' das Elend der Nachkriegszeit weit geöffnet.
Heinz Musculus (Aufnahme von vermutlich 1938) |
Materielle Not und seelische Verzweiflung der Menschen werden uns in detailreichen Federzeichnungen wie „Sieg“, „Die Kreuzigung“, „Das Stundenhotel“, „Der Hunger“ und „Die Flüchtlinge“ sehr eindringlich vor Augen gebracht. Doch auch in dieser Zeit kommt der Humor nicht zu kurz, wenn etwa „Die lebende U-Bahn“ Richtung Krumme Lange losrauscht...
Mit zunehmender Distanz zur Kriegszeit treten andere Themen in den Vordergrund: die vertrauten menschlichen Unzulänglichkeiten, das Streben nach Geld, Gütern und Privilegien („Der Aufstieg“), die in Tiermord („Die Tragik der Tiere“), Unfrieden („Entflogen“) und - in weitem Vorgriff auf spätere Zeiten - die Zerstörung der Natur („Die Umwelttragödie I-III“) münden.
Heinz Musculus (Aufnahme von ca. 1970) |
Doch kommen auch die liebenswürdigen Seiten unserer Schwächen nie zu kurz, wenn etwa die Flasche zur einzigen Wahrheit der Alkoholiker („Der Alkohol“) werden oder sich ein armer Säufer in „Die falsche Warteschlage“ einreiht. Wer ist hier der Schwache - der Säufer oder die kritisch Dreinschauenden, die das völlig harmlose Durchbrechen der gewohnten Ordnung nicht ertragen können? Wie selbstverständlich wird das Plädoyer für Menschlichkeit immer wieder durch Menschenansammlungen geprägt, in denen alles vorkommt: Ruppigkeit, Heiterkeit, Entzücken, Frivolität, Herdentrieb, die kritischen Blicke und die kritisch beäugten Individualisten in der Masse. In den Zeichnungen von Heinz Musculus ist eben „immer etwas los“!
E. Musculus, März 1996
|