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Hilde, Zenobia und Coliu führten ihr Leben ohne besondere Ereignisse weiter. Sie konnten die Rückkehr ihrer Hausherrin einschließlich der mitgebrachten Souvenirs aus Stockholm kaum erwarten. Anders bei Hozu und seinem Compagnion Poussi, die sich immer auf der Hut befanden, ihr Gebiet zu beschützen und dafür mit guter Nahrung belohnt zu werden. Nach ihrem Prinzip „Jedes Tierchen hat sein Revierchen“ verstanden sie wohl die vielen Reisen ihrer Herrin Lilly.
Die „heilige Familie“ kehrte wieder heim – Silviu verjüngt, vielleicht als Flegel in seiner Pubertät, Nuni als „Jungfrau von Orleans“, Bobby als „weiser Rabbiner“, Lilly und Jan als glückliches Brautpaar.
Herzlich wurden sie alle vom Personal samt Hozu und Poussi begrüßt. Die neugierigen Blicke aller Hausbewohner durchbohrten Jan von Kopf bis Fuß und versetzten den Armen in Ängste. Bald aber hatte man sich an die neue Situation gewöhnt, und gelassen trug jeder zur Normalisierung bei. Hozu freute sich sehr mit seinem Frauchen, zog aber sofort sein Schwänzchen ein, wenn er Jan beschnupperte. Er erkannte ihn nicht als seinen Gebieter an und blieb seinen Anschauungen konsequent treu. Silviu wurde aus dem legitimen Schlafzimmer ins Herrenzimmer evakuiert, und Jan nahm würdevoll seinen Platz als „Zukünftiger“ im Ehebett ein. Nuni war hierüber nicht verwundert oder gar böse, denn ihr gefiel immer das Außergewöhnliche. Sie verstand Lilly. Bobby akzeptierte interesselos die Extravaganzen seiner Mutter. Die lukullischen Gerichte, die man schon zum Frühstück an das Bett des jungen Paares brachte, das grandiose Mittagessen und das pikante Abendbrot versetzten Jan in gastronomische Euphorie, da in Leipzig schon damals die Lebensmittelsparmaßnahmen begonnen hatten. Halva sagte ihm am meisten zu, denn die hatte sein schwedischer Magen noch nicht gekannt. Auf täglichen Spaziergängen zeigte Lilly ihm die kleine gemütliche Stadt Czernowitz. Öfters arrangierte Lilly mit ihren musikalischen Freunden Kammermusikabende. Das runde Schlafzimmer verwandelte sich dann in einen kleinen Konzertsaal.
Tratsch, der unvermeidliche Tratsch der Mieter und Nachbarn, florierte natürlich durch die Anwesenheit von Jan. Viele wollten ein „Happy-End“ erleben, andere der Tragödie beiwohnen. So stellte man sich Fragen und tuschelte diskret – oder auch indiskret – über diese Kuriositäten in der Familie Dimitrovici. Eines Abends hielt Jan bei Silviu um Lillys Hand an. Auch materielle Angelegenheiten wurden besprochen, denn Lilly beabsichtigte, in Stockholm zu wohnen, wo Jan als Organist engagiert werden würde. Silviu erklärte sich einverstanden, ihnen jeden Monat die Mieten ihrer Häuser zu überweisen.
Alle, außer Hozu und Poussi, lud Jan zur Hochzeit nach Schweden ein. Nuni konnte diese Reise kaum erwarten und bat Silviu, so schnell wie möglich die Scheidung einzureichen. Jan nahm seine Rolle als Bräutigam, baldiger Ehemann und ehrwürdiger Vater sehr ernst, denn fast an jedem Abend schlich er sich vor dem Schlafengehen in Nunis Zimmer, als sie schon im Bett lag, um ihr seinen väterlichen Gutenachtkuss auf die Stirn zu drücken. Nach sechswöchigem „Familienglück“ reiste das „Brautpaar“ wieder nach Leipzig zurück.
Zerknautscht und von Tränen durchnässt lag der Brief in Nunis Händen. Man hatte Coca zu „Waffenübungen“ verpflichtet, und er verließ sofort Czernowitz. Kurz darauf die zweite verheerende Nachricht von ihm. Er schrieb Nuni, dass er sie nie gegen den Willen ihres Vaters heiraten würde. Entrüstet las sie diese für sie so unverständlichen Zeilen.
Schließlich könnte er sie doch einfach „rauben“, mit ihr fliehen, sie verführen und das ganze Leben in „wilder Ehe“ glücklich verbringen. Leider verstand Coca damals ihre emanzipierten Gedanken nicht und kapitulierte bedingungslos vor seinem erbarmungslosen Onkel und der bürgerlichen Moral.
Dieser hingegen begann als Bestätigung seiner verjüngten hormonellen Funktionen ein Abenteuer mit einer sehr mageren jungen Kellnerin. Sie hieß Manon Caldare (zu deutsch: „Eimer“). Für sie bestellte Silviu den besten Honig der Südbukowina, um ihre Dürre etwas aufzurunden. Doch leider half dieser Nektar nicht, und ihre Knochen klapperten munter in seinen Armen weiter, bis er sich schließlich daran gewöhnte. mmer häufiger war er nun abwesend von zuhause, und manchmal blieb er auch nachts aus. Durch dieses Verhalten enttäuschte er Hilde und Zenobia, die ihn für einen unfehlbaren Familienvater gehalten hatten.
Enttäuscht von der Liebe und den Familienverhältnissen begann Nuni ein noch intensiveres und selbständigeres Leben. Nur noch eine kurze Weile dachte sie mit Wehmut an Coca und spielte sich nicht als „Mater dolores“ auf. Ihre Überzeugung, ihr Bewusstsein sagte ihr, dass Coca ihre Liebe nicht wert gewesen sei.
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