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Maria Tomanek war mit großer Schönheit gesegnet – oder vielleicht belastet. Sie hatte in Wien eine Höhere Töchterschule absolviert, so, wie es die Mädchen aus besserem Hause in der damaligen Zeit tun mussten. Dort hatte sie Französisch, Klavierspielen, Referenzen geben und Referenzen entgegennehmen gelernt. Die Directrice dieser Schule empfahl Maria um 1865 eine Stelle, weit weg im Ausland.
Der rumänische Fürstenhof in Bukarest suchte eine Gesellschafterin. (Karl von Hohenzollern-Sigmaringen war soeben, 1866, von Neuwied nach Bukarest geholt und zum Fürsten des wenige Jahre zuvor ausgerufenen Staates Rumänien gewählt worden.) Maria bekam die Anstellung und lebte sich am
Fürstenhof gut ein. Die Bälle erfüllten und übererfüllten die majestätischen Hofjahrespläne.
Und wieder fand ein Ball statt. Es war in einer schwülen Sommernacht des Jahres 1867. Der königliche Lustgarten bot farbige Lampions, Papiergirlanden, silberlackierte Bänke, lukullisches Essen, Dionysos’ Nektar und jede Menge Fürsten und Prinzen. Das blaue Blut der Aristokratie glühte rot beim Anblick der Hofdamen. Johann Strauss’ Melodien vereinigten in rhythmischen Schwingungen die Paare beim Tanzen. Maria war sechzehn, reizvoll, wohlerzogen und entgegenkommend.
Ein österreichischer Prinz ließ sie nicht aus den Armen. Vom Tanzen erschöpft, suchten die Glücklichen ein ruhigeres Plätzchen. Hand in Hand entfernten sie sich von der Menschenmenge und gingen tief hinein in den dunklen Schlosspark. Das weiche, feuchte Gras erfrischte sie, und im Schatten der Sträucher, in denen sie sich niederließen, fanden sie die Liebe...
Bei Sonnenaufgang war alles vorbei. Der Prinz verließ das Palais, Bukarest und Maria. Niemand weiß, ob er auf einem weißen Rössl, in einer vergoldeten Kutsche oder mit einer Dampflok heimgekehrt ist. Auch der Park schien traurig, verschmutzt, und sein schöner Rasen war an mehreren Stellen flachgedrückt.
Die Zeit verging, die Erinnerungen blieben. Königin Carmen Silva dichtete, regierte und bemutterte ihre jungen Hofdamen im charmanter Art und Weise. Die Liebste war ihr Maria, die aber immer schweigsamer wurde. Ihre graublauen Augen strahlten Melancholie aus. Ihre seidigen Kleider wurden trotz des Korsetts enger, und das Bäuchlein machte sich täglich stärker bemerkbar. Dann vertraute sie ihrer geliebten Königin ihr Geheimnis an, das sie aber nicht allzusehr bereute: das Geheimnis der rauschenden Ballnacht. Ihr verführerischer „Prinz der Nacht“ hatte keinen Namen, war als Unbekannter ins Unbekannte verschwunden.
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