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Die „Heilige Kommunion“ wurde an einem Sonntag auf nüchternem Magen in der Kirche erteilt. Diese Kirche befand sich in der Metropolie, der Residenz der Erzbischöfe – ein architektonisch besonders interessantes Bauwerk im byzantinischen Stil aus hellroten Ziegeln mit vielen Türmchen und kleinen Kuppeln. In den Nebengebäuden war die Theologische Fakultät mit ihren Studenten untergebracht. Der Residenzpark im ausgedehnten Innenbereich des Gebäudekomplexes war weit über die Grenzen Rumäniens hinaus bekannt. In ihm lagen mehrere Seen mit Lotusblumen, weißen Schwänen und gevpflegten, schattigen Alleen, und parfumierter Blütenduft ergötzte die ausgewählten Besucher, die nur mit besonderer Erlaubnis in das Gebäude und den Park durften.
Hier nun, vor dem Portal der kleinen Kirche, standen die Kinder in Sonntagskleidern, und um punkt acht Uhr morgens erklangen die Glocken. Die Pforte wurde geöffnet, und auf einem roten, weichen Teppich schlichen die „Lämmchen“ hinein bis zum Altar. Der Chor füllte mit seinen Engelsstimmen die Kirche aus. Der Pfarrer im Festgewand mit roter Mütze hielt in beiden Händen einen silbernen Pokal mit „Heilands Blut“, das „für uns und unsere Sünden geflossen“ sein sollte. Ein weiterer Pfarrer hielt ein Körbchen – ein Körbchen mit „Jesus' Leib“. Die Kinder traten langsam, eines nach dem anderen, heran und mussten sich dreimal bekreuzigen, bevor er ihnen in Form eines viereckigen Stückchens Brot ein „Stück aus Jesus' Leib“ in den Mund einführte. Der „Pokalpfarrer“ stand schon mit einem kleinen Teelöffel bereit, um den Kinder auch „das Blut Jesu“ einzuflößen – Blut in Form von Rotwein! Rondella beobachtete das mystische Schauspiel und war über die Hygieneregeln konsterniert. Das Stückchen Brot ließ sie sich von Pfarrers Hand noch in ihren Mund einführen. Als sie aber vor dem Weinpokal stand, weigerte sie sich, diesen anzunehmen und forderte vom Pfarrer kategorisch: „Das Blut von Jesus trinke ich nur, wenn Sie, Herr Pfarrer, ein sauberes Löfferl für mich bringen. Ich ekle mich, nach allen Schulkolleginnen den ungewaschenen Löffel in den Mund zu stecken.“
Vor Schreck verschüttete der Pfarrer beinahe das „Blut“ aus dem silbernen Pokal. Rondella blieb standhaft, bekam aber auch keinen sauberen Löffel und ging nur mit „Jesus' Leib“ nach Hause. Und das, obwohl sie der Inhalt des Pokals schon gereizt hätte. Mit einem Satz hätte sie „sein ganzes Blut“ ausgeschlürft – „sein ganzes Blut“...! Sofort wurde das Haus Dimitrovici über diese „Schande“ telefonisch benachrichtigt, man empfing Rondella kühl und überließ alles Weitere ihrer Oma.
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