Genunea und Eberhard Musculus
Bild: Genunea Musculus

über Menschen und Tiere werde ich
Euch erzählen, die mir als
Persönlichkeiten begegnet sind...
Genunea Musculus

Die Erzählung „Nana - eine xequelle Belästigung“ entstand in den 1980er Jahren.
Sie ist auch als Online-Buch bei „BookRix“ publiziert.

Nana - eine sexuelle Belästigung

Online-Buch · E-Book

Genunea Musculus:
Erzählung „Nana - eine sexuelle Belästigung “

(publiziert bei · published by
 „BookRix“)
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Rumänien 1960. Ich fror und musste wegen meines großen, fast unbeheizbaren Zimmers jeden Winter zu meinem Bruder Bobby oder zu meiner Cousine Nana umziehen.

Selten gab es eine so schöne, intelligente, gebildete und gutherzige Frau wie Nana. Sie glich einer griechischen Götterstatue. Nana studierte Geschichte und heiratete schon mit 18 Jahren einen rumänischen Leutnant namens Liviu.

Sie hatte mehrere Hobbies. Das erste: Sie badete dreimal täglich auf eine ganz originelle Art. Ich durfte ihr zuschauen und auch zuhören, denn sie sang dabei immer Opernarien. Ihr langes, schwarzes Haar knotete sie mit Nadeln an den Kopf und versank andachtsvoll in die Badewanne. Mit einer Maisgrieß-bestreuten Bürste rieb sie ihren ganzen Körper ab. Dann wechselte sie das Badewasser. Da es weder Badeschaum noch andere parfümierte Öle gab, tröpfelte sie ein wenig Sonnenblumenöl hinein, um die Haut geschmeidiger zu machen. Sie duschte und wusch sich mit einem Schwamm und mit einer nicht gerade gut riechenden „sozialistischen“ Seife, bis ihre Haut wie Lack glänzte und purpurrot leuchtete. Schließlich trocknete sie an der Luft. Mit einem Wattebausch und Franzbranntwein tupfte sie ihren Körper ab und ging fröhlich zur Universität.

Das zweite Baderitual fand statt, wenn sie nach ein paar Stunden aus der Hochschule zurückkehrte; wieder mit Maisgrieß, wieder mit Sonnenblumenöl, Seife und Franzbranntwein. Nachher nahm sie sich die Zeit, im Bett auszuruhen; dabei rezitierte sie Villon, Baudelaire, Goethe und hörte auf Schallplatten Rachmaninoff, Grieg oder Beethoven.

Inzwischen kam auch ihr Mann, Liviu (den sie „Pic-mic“, „kleiner Pic“ nannte), müde aus der Kaserne nach Hause. Er warf seine Aktentasche in eine Ecke, zog seine schneeverschmutzten Stiefel aus und ging ins Schlafzimmer, um seine liebe Nana zu begrüßen. Sie lag noch im Bettchen, er küsste sie zärtlich. „Pic-mic, bitte sei so nett und geh' in die Kammer, wo die Confitürengläser sind und bringe mir auf einem Zahnstocher eine große Kirsche.“ „Natürlich, mein Engel“, sagte Pic-mic. Er ging aus dem Schlafzimmer durch das Wohnzimmer, die große Diele und die Küche in den engen Korridor, wo sich die Confitüren in einem Buffet befanden, nahm den Zahnstocher und brachte die Kirsche seiner Nana. Sie öffnete voller Liebe und Wonne ihr Mündchen und verschlang die Kirsche. „Pic-mic, sie schmeckt wundervoll, sei bitte so nett, nimm einen anderen Zahnstocher und bringe mir noch eine Kirsche.“ „Mit Vergnügen, mein Engelchen.“ Er überquerte das Wohnzimmer, die Diele und die Küche, kam in den Korridor, und auf einem neuen Zahnstocher nahm er die zweite Kirsche und brachte sie seiner Frau. „Pic-mic, sie ist so fein, schmeckt hervorragend, bitte bring' mir noch so eine Kirsche, aber auf einem neuen Zahnstocher.“ Liviu kam mit drei Kirschen auf einem Tellerchen und mit drei Zahnstochern. „Ob bitte, nein, mein lieber süßer Pic-mic, wenn ich die drei Kirschen sehe, vergeht mir der Appetit. Bitte bring' mir doch immer nur eine.“ Liviu machte noch dreimal denselben Weg.

Das dritte Bad fand vor dem Schlafengehen statt mit dem einzigen Unterschied, dass Nana jetzt Weizenkleie statt Maisgrieß gebrauchte.

Sie hatte aber noch ein anderes Hobby: ihre Neugierde - ihre Neugierde auf Männer. „Du weißt, Nuni, ich liebe Pic-mic, wir sind schon fast ein Jahr verheiratet, aber die Neugierde, wie andere Männer sind, plagt mich sehr.“ „Was machst Du dann?“, fragte ich, auch voller Neugierde. „Ganz einfach. Ich gehe zur Mensa, schaue so in den Saal hinein und denke mir 'der eine dort in der Ecke am Tisch, der gefällt mir', gehe zu ihm und sage: 'Ich bin die Nana und möchte mir Dir Liebe machen'. Erstaunt schauen sie mich erst an, aber keiner hat mich bis heute abgewiesen, weder Florian noch Gheorghe, Radu und wie sie noch alle hießen. Sie fühlten sich von meiner Offerte nicht „sexuell belästigt“. Viele von ihnen wollten es auch wiederholen, aber ich möchte eine einzige Probe an, sonst würde ich mich langweilen, es ist ja nur meine Neugierde.“ Ich war erstaunt, „Du bist verrückt.“ „Nicht doch“, antwortete sie, „Pic-mic erzähle ich alles. Ich habe ihn doch lieb. Er hat sich daran gewöhnt und sich damit abgefunden.“

Es vergingen zwei Jahre. Unterdessen bekam ich eine Wohnung in einem gutbeheizten Block. Nana sah ich selten. Eines Morgens rief sie mich an: „Nuni, ich bin die glücklichste Frau der Welt, ich bin verliebt wie noch nie. Heute hielt bei uns Professor Aristide Eliade einen Vortrag über Byzantologie. Er war wunderbar, er ist wunderschön, hochintelligent; ich spürte sofort, dass ich ihn liebe, dass er mein Mann werden muss. Ich ging zum Pförtner, bat um seine Adresse. Der gute Mann sagte mir, dass der Professor unverheiratet sei und mit seinen zwei Schwestern auf dem Boulevard Lenin wohnte. Ich ging ins Blumengeschäft, kaufte eine Rose und schrieb auf eine Karte: 'In Bewunderung Ihre Nana'. Am späten Nachmittag stand ich vor seiner Tür. Zum Glück öffnete er persönlich. 'Ich bin die Nana, die Ihnen die Rose geschickt hat. Ich möchte Ihre Geliebte werden.' Er zögerte ein wenig, vielleicht fühlte er sich „sexuell belästigt“ - ich weiß es nicht - doch plötzlich öffnete er breit die Tür und bat mich herein. Er hatte kapituliert...“

Nana bekam die Scheidung, Pic-mic war sehr traurig. Sie lebte noch acht Monate mit ihrem Aristide, dann verließ er sie. Wahrscheinlich konnte er sich doch nicht von seinem eintönigen Junggesellenleben mit seinen jungfräulichen Schwestern trennen. Nana litt. Sie ging regelmäßig zur Universität und vertiefte ihr Leid in den Büchern. Der Bibliotheksdirektor Ionel Popescu verliebte sich in Nana. Sie heirateten. Iris kam auf die Welt. Nana wurde eine ganz anormal-normale Frau, eine wunderbare Mutter und eine glänzende Hausfrau. Sie machte keine erotischen Experimente mehr...

...und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.

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